Das Bürger:innenforum am 13. März versteht sich nicht als reiner frontal Vortrag. Wir wollen Allen sowohl Studierenden als auch Bürger:innen die Chance geben ihre Meinung zum Zielnetz 2040 einbringen zu können. Hierfür könnt ihr einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag schreiben:

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3 Responses

  1. Kommentar von Gerhard Hertenberger
    zur Ende 2023 präsentierten Machbarkeitstudie „S-Bahn-Ring“- Wien
    Wien, 29.1.2024

    Vorstellung eines angeblichen künftigen Wiener „S-Bahn-Ring“ Projekts:

    Eine Augenauswischerei

    Nach langen Geburtswehen wurde am 15. Dezember 2023 in der „VIP Lounge“ des Wiener Hauptbahnhofs endlich die sogenannte „Machbarkeitsstudie“ für einen, so hieß es, „Wiener S-Bahn-Ring“ vorgestellt. Wobei, die Studie selbst bekam man bis heute (Jänner 2024) nicht zu Gesicht, und der Ring ist kein Ring, weil man an zwei Stellen (Praterkai und Hütteldorf) umsteigen muss. Es machte überdies fassungslos, wenn die vom Projekt schwärmenden vier Personen am Podium erklärten, dass man weitere neun Jahre brauchen werde, bis man – vielleicht – mit dem „Bau“ beginnen könnte, mit einer Fertigstellung irgendwann nahe dem Jahr 2040. Dies, obwohl eigentlich das gesamte benötigte Schienennetz für diese Mini-Variante bereits existiert.

    Detailinhalte gab es bei der nur für Journalisten zugänglichen Pressekonferenz nur wenige, am ehesten noch von der ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Judith Engel, während die drei anwesenden Politiker*innen, Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima, SPÖ-Klubchef Josef Taucher und NEOS-Klubchefin Bettina Emmerling, im Wesentlichen Gemeinplätze von sich gaben, wie toll die Wiener Verkehrspolitik im Allgemeinen und das Resultat der Studie im Besonderen denn sei.

    Eine unendliche Geschichte mit zwei Umsteigeknoten

    Schauen wir uns im Detail an, was dort präsentiert wurde:

    Eigentlich wurde eine Verlängerung der S45 (Vorortelinie) von der Station Handelskai über die Station Reichsbrücke (U1) bis zur Station Praterkai (S80) bereits 1993 in einem ÖBB-Konzept vorgeschlagen. 2003 war diese S45-Verlängerung entlang der Donau dann fixer Teil des Masterplans Verkehr der Stadt Wien und sollte bis 2007 realisiert werden. Über diese peinliche 30jährige Nicht-Realisierung, über dieses Versagen der Wiener Verkehrspolitik, wurde in der Pressekonferenz kein Wort verloren.

    Als „neues“ Konzept empfiehlt nun die aktuelle Machbarkeitsstudie, dass man beim Praterkai keine Gleisbögen Richtung Simmering baut, sondern eine Umsteigestation. Ebenso würde man, von der Verbindungsbahn (Raum Speising, Unter St. Veit) nicht direkt zur S45-Vorortelinie Richtung Penzing, Ottakring, Hernals, Gersthof weiterfahren können (mit wertvoller Verknüpfung zur U4 bei der Station Unter St. Veit), sondern man sollte künftig nach Hütteldorf fahren und dort auf die S45 warten. Ein Doppel-Umsteige-“Ring“ also, mit Fertigstellung vielleicht in rund 15 Jahren. Vielleicht deshalb, weil Geldmittel ja noch keine beschlossen wurden.

    Warum soll man zweimal umsteigen?

    Der angebliche Zweck der beiden lästigen Umsteige-Notwendigkeiten wurde in den vier Statements nur nebulös angedeutet („Stärkung des Knotens Hütteldorf“), ebenso der Grund für die endlose Verzögerung (Ulli Sima betonte sinngemäß, dass es doch toll sei, wenn man sich jetzt schon über den Verkehr in den 2030er und 2040er Jahren Gedanken mache, manche Dinge würden halt einige Zeit brauchen).

    Auf Nachfrage gab es dann nach der Pressekonferenz im persönlichen Gespräch Argumentationen, die grob mit den Zug-Intervallen im Außenbereich zu tun hatten. Wenn man beim Praterkai, sowie zwischen Unter St. Veit und Penzing einen echten Ringschluss mit durchgebundenen Zügen errichten würde, hätte dies – so hieß es sinngemäß – eine Ausdünnung der Verbindungen (S80 und S45) nach Hütteldorf sowie der S80 nach Aspern Nord zur Folge, weil dann zum Beispiel nur jeder zweite Zug dorthin fahren würde.

    Beim Taktintervall für Hütteldorf wurde übrigens mit der hohen Pendlerdichte von Westen argumentiert, wobei sich rasch herauskristallisierte, dass man da primär an Auto-Pendler dachte, die in großer Zahl bis nach Wien hereinfahren. Denn jene Pendler, die von Wienerwaldgemeinden per Zug auf der „alten“ Westbahn einpendeln, könnten problemlos in Penzing statt Hütteldorf in den S-Bahn-Ring umsteigen. (Intercity-Züge fahren großteils durch den Lainzer Tunnel, für sie ist weder Hütteldorf, noch Penzing relevant.)

    Bleiben die Ausgangsparameter der Studie geheim?

    Nun wäre es natürlich interessant zu wissen, welche Vorgaben und Ausgangsparameter in der Machbarkeitsstudie verwendet wurden. Leider wurde die Studie selbst anscheinend bis heute (Ende Jänner 2024) noch immer nicht veröffentlicht, es gibt lediglich ein dürftiges, oberflächliches PDF der „ÖBB INFRA“ mit 15 Seiten, das am Titelblatt die Logos des „Österreichischen Instituts für Raumplanung“ (ÖIR) und der Firma VERRACON (offensichtlich die Ersteller der Studie) angibt.

    Auf Seite 3 dieses PDFs wird ein einst von den NEOS präsentierter Vorschlag für einen „echten“ Ringschluss (ohne Umsteigezwang) gezeigt, der überdies (zusätzlich zu den Stationen Reichsbrücke und Donaustadtbrücke) die neuen Stationen Unterdöbling, Brigittenau (zwischen Heiligenstadt und Handelskai) und Unter St. Veit (Umsteigen zur U4) enthielt.

    Seite 5 zeigt dann vier untersuchte Varianten, und deren Grundannahmen sind außerordentlich eigenartig und hinterfragenswert:

    Variante 0.1 zeigt jene Version mit den Umsteige-Stationen Hütteldorf und Praterkai, die am Schluss als die „Beste“ bezeichnet wurde. Von Hütteldorf bis Handelskai fahren auf der S45 6 bis 8 Züge pro Stunde, überall sonst gäbe es nur 4 (und entlang der Donau zeitweise sogar nur 3) Züge pro Stunde.

    Variante 1 entspricht in etwa dem einstigen NEOS-Vorschlag mit einem „echten“ Ring (4 Züge pro Stunde), einer zusätzlichen S45 von Hütteldorf bis Handelskai mit 4 Zügen pro Stunde (bringt mittels Überlagerung zwischen Penzing und Handelskai 8 Züge pro Stunde), und es gibt eine S80 von Hütteldorf nach Aspern Nord, die skurrilerweise nur im Halbstundentakt fahren würde. Zwischen Hietzinger Hauptstraße (Verbindungsbahn) und Haidestraße (11. Bezirk) gäbe es durch Überlagerung mit der S-Bahn-Ringlinie immerhin 6 Züge pro Stunde (also einen 10-Minuten-Takt), aber von Haidestraße bis Aspern Nord würden absurderweise nur mehr 2 Züge pro Stunde (!) fahren. (Eine zusätzliche Schnellbahnlinie vom Hauptbahnhof über Simmering und Gewerbepark Kagran nach Süßenbrunn wurde selbst für das Jahr 2040 in keiner der Varianten angenommen.) Diese Variante 1 würde die Donaustadt schauerlich benachteiligen.

    Variante 2 nahm eine S-Bahn-Ringlinie an, die sechs Züge pro Stunde aufweist (also einen 10-Minuten-Takt). Hütteldorf wird hierbei sowohl von der Vorortelinie abgeschnitten (es gibt anscheinend keine S45 mehr!!!), als auch von der Verbindungsbahn (es gibt keinen Westast der S80 nach Hütteldorf). Zwischen Haidestraße im 11. Bezirk und Aspern Nord ist keine Schnellbahn mehr eingezeichnet, nur ein mittels einem großen X durchgestrichenes S80-Zeichen. Was sich das Österreichische Institut für Raumplanung, dessen Logo links unten prangt, bei dieser seltsamen Variante gedacht hat, erfahren wir nicht, weil die richtige ausführliche Studie wie erwähnt bisher nicht veröffentlicht wurde.

    Variante 2.1 schließlich enthält ebenfalls eine Ringlinie mit sechs Zügen pro Stunde, dazu aber eine S45 von Hütteldorf bis Handelskai mit 2 Zügen pro Stunde. In Hütteldorf gibt es keine S80, sodass man von dort nur zweimal pro Stunde Richtung Vorortelinie fahren kann, aber keine

    Direktverbindung zur Verbindungsbahn oder in die Donaustadt vorfindet. Eine total seltsame Idee. In Aspern Nord findet sich immerhin nun wieder eine S80 mit 4 Zügen pro Stunde, die aber im 11. Bezirk, bei der Station Haidestraße, irgendwie „versandet“, sprich, endet. Einfach so, alles Aussteigen, man muss dann umsteigen in die Ringlinie, was die Attraktivität dieser S80 massiv mindern würde.

    Was fehlt in der merkwürdigen Studie?

    Ich hörte von verschiedenen Seiten, dass es so wirkt, als habe man neben der „Zweimal-Umsteigen-Variante“, die letztlich empfohlen wurde, drei möglichst unattraktive Varianten ausgesucht: Varianten mit Halbstundentakt nach Aspern Nord (Seestadt) oder sogar mit Abschneiden von Hütteldorf, und schließlich eine Variante, bei der die S80 aus der Donaustadt plötzlich im 11. Bezirk unvermittelt endet.

    Warum fehlt zum Beispiel eine Variante mit einem S-Bahn-Ring mit 4 Zügen pro Stunde, plus einer S45 Hütteldorf-Handelskai mit 4 Zügen pro Stunde und einer S80 mit 4 Zügen pro Stunde? Damit hätte man in weiten Bereichen einen 7,5-Minuten-Takt und in der Donaustadt einen Viertelstundentakt. Von Hütteldorf hätte man stündlich vier Züge der S45 und vier Züge der S80. Warum wurde diese Variante nicht untersucht?

    Da wir die eigentliche Studien nicht kennen, können wir nur mutmaßen:

    Der Hauptbahnhof, der gegenüber den ursprünglichen Plänen der 1990er Jahre letztendlich geschrumpft wurde, um mehr lukrative Hochhäuser unterzubringen (ursprünglich sollte es ein Nahverkehrsgeschoß und ein Fernverkehrsgeschoß geben), wird möglicherweise bald an seine Kapazitätsgrenze stoßen, was einen 7,5-Minuten-Takt inmitten der anderen verdichteten Nah- und Fernverkehrstakte vielleicht schwierig macht. Wobei ich das nicht verifizieren kann. War es das?

    Oder wollte man die billigste Variante durchbringen, bei der bis auf eher geringe Umbauten entlang der Donau fast keine Baumaßnahmen notwendig sind?

    Wie wird argumentiert?

    Seite 7 des PDF vergleicht die vier erwähnten Varianten und sagt, dass die favorisierte Variante 0.1 den geringsten Anstieg an Betriebskosten verursacht. – Na ja, ist klar, es gibt ja auch kaum Taktverbesserungen gegenüber der Variante 0. Wobei nicht definiert wird, was Variante 0 eigentlich ist. Ist es der Zustand von 2023 (2 Züge der S80 pro Stunde), oder ist es der Zustand nach Hochlegung der Verbindungsbahn mit 15-Minuten-Takt auf der S80 (etwa 2030)? Auch hier zeigt sich, wie nebulös die Aussagen des PDF von ÖBB INFRA, ÖIR und VERRACON im PDF sind.

    Seite 8 im PDF prognostiziert für die favorisierte Variante (zweimal Umsteigen) einen geringen Fahrgastzuwachs. Die Varianten mit dem Abschneiden von Hütteldorf, sowie dem Stilllegen der S80 in der Donaustadt oder dem Ausdünnen dieser Linie auf Halbstundentakt ergeben eine deutliche Abnahme der kumulierten Fahrgastzahlen auf den genannten Strecken. Na ja, wenn man die Verbindungen nach Hütteldorf bzw. Aspern Nord verschlechtert oder de facto stilllegt, ist das eine logische Folge.

    Auch Seite 13 zeigt mit roten Knödeln in einer anders gestalteten Grafik, dass das Absenken der Taktfrequenz in Hütteldorf einerseits und in der Donaustadt andererseits auf nur mehr zwei Züge pro Stunde sehr starke Fahrgastverluste bewirkt. Für diese Erkenntnis hätte ich keine monatelang ausgearbeitete Studie gebraucht, das hätte ich in zwei Sekunden gewusst.

    Bauverzögerung und „verständliche starke Linien“

    Die Seite 14 („Conclusio“) deutet erstmals an, warum man wohl erst nach 2032 mit dem „Bau“ beginnen will. Es seien, wird gesagt, allfällige Infrastrukturmaßnahmen im derzeitigen, erst kürzlich veröffentlichten „Rahmenplan“ des Klimaministeriums nicht enthalten.

    Schließlich wird als abschließendes Motto verkündet: „Strategischer Ansatz: Starke und verständliche Linien und starke Knoten!“ Inwieweit die beiden Umsteige-Stationen die Linienführung „verständlicher“ und „stärker“ machen, blieb nach der Pressekonferenz leider unklar. Vielleicht steht es ja in der noch unter Verschluss befindlichen Studie.

    Insgesamt war die Pressekonferenz jedenfalls ernüchternd. Wenn man als Politiker*in ständig „Wien ist Klimamusterstadt“ ruft, aber gleichzeitig grobe Fehlentscheidungen trifft, wird das unsere Stadt in eine bedrohliche Sackgasse führen.

    Gerhard Hertenberger

    DAS FOLGENDE KÖNNTE MAN IN EINEM EXTRA ARTIKEL BRINGEN, DAMIT DER TEXT NICHT NOCH LÄNGER WIRD.

    „Kein Straßenbahnausbau ohne Lobauautobahn“

    Am Ende der Pressekonferenz zum „Wiener S-Bahn-Ring Projekt“ am 15. Dezember 2023 fragte einer der anwesenden Zeitungsleute, warum bei den Straßenbahn-Verlängerungen in Transdanubien kaum etwas weitergehe. Ulli Sima verwies auf den bald zu bauenden (relativ kurzen) Straßenbahnableger vom Bereich Quadenstraße über die neue Siedlung Berresgasse zur Station Aspern Nord („Linie 27“, die restliche Linienführung westlich vom Quadenstraßen-Wohnviertel verläuft ident mit Linie 26).

    Brisant wurde es aber bei der Linie 25. Meist wird hierbei von einer Verlängerung gesprochen, bei der die Linie künftig den Ortskern Aspern durchquert und östlich davon nach Norden zur Seestadt abbiegt, vorerst nur bis zu deren Westrand. In einem zweiten Schritt würde man bis hinauf zur U2-Station Hausfeldstraße verlängern (wo leider die Schnellbahnstation demontiert wurde). In einem Kurier-Bericht von 2020 wird Ulli Sima mit einer Verlängerung der Linie 25 über Essling nach Großenzersdorf zitiert, „falls Niederösterreich mitzahlt“.

    Im Rahmen der Pressekonferenz am 15.12. meinte die Planungsstadträtin jedenfalls, dass eine Verlängerung der Linie 25 erst möglich sei, wenn die Autobahnen in jenem Bereich (offenbar auch eine Spange Seestadt Richtung Großenzersdorf?) fertig seien, weil dann, so die Politikerin, der Ortskern von Aspern genügend entlastet sei, um dort eine Straßenbahnstrecke zu bauen.

    Es wäre in diesem Kontext interessant zu erfahren, warum ein Autobus (Linie 26A) sehr wohl die Ortskerne von Aspern und Essling durchfahren kann, eine Straßenbahn jedoch, nach Meinung der Stadträtin, nicht. Zwar wird ein eigener Gleiskörper aus Platzgründen nur außerhalb der Ortskerne (Aspern und eventuell Essling) möglich sein, aber wir haben in Wien eine enorme Zahl von Straßenbahnstrecken, die sich abschnittweise eine Spur mit dem KFZ-Verkehr teilen müssen Das ist nicht ideal, aber für den kurzen Bereich der Ortskerne Aspern und Essling wohl machbar.

    Die zwingende kausale Verknüpfung von Ulli Sima lautet also anscheinend (hier nicht wörtlich, sondern satirisch überspitzt formuliert): „Wenn man mir nicht meine Autobahn gibt, lasse ich für Euch keine Straßenbahnlinie verlängern“. Diese Blockadepolitik ist unverantwortlich und fördert

    Stau und Verkehrschaos in der Donaustadt.

    Gerhard Hertenberger
    Freier Publizist

  2. Ich habe meinen Beitrag zwar schon in Form einer e-mail an kontakt@zielnetz.at geschickt, aber nachdem keinerlei Reaktion erfolgt ist, stelle ich mein Schreiben jetzt auch noch hier ein:

    Gesendet: Sonntag, 10. März 2024 um 14:08 Uhr
    Von: „Martin Teißl“
    An: „Flamm Ulrich“
    Cc: „Kontakt, Zielnetz“
    Betreff: Bürger:innenforum: Wieviel Schienen braucht Österreich? Zielnetz 2040 – eine vertane Chance? – Mi, 13.03.2024, 18 Uhr!

    Herrn
    DI Ulrich Flamm
    Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
    Sektion II – Mobilität
    Abteilung II/3 – Infrastrukturplanung
    Radetzkystraße 2
    1030 Wien

    Sehr geehrter Herr DI Flamm!

    Wie ich in der APA-OTS-Pressemeldung gelesen habe, werden Sie am im Betreff genannten (online-)Bürger:innenforum teilnehmen: ==> https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240307_OTS0174/aviso-mi-1332024-18-uhr-buergerinnenforum-wieviel-schienen-braucht-oesterreich

    Da ich an einer Online-Teilnahmen über Livestream terminlich leider VERHINDERT bin, bringe ich meinen Beitrag bitte schriftlich ein:

    Grundsätzlich möchte ich bitte festhalten, dass das ÖBB-Zielnetz 2040 – soweit es Tirol betrifft – äußerst zufriedenstellend ausgearbeitet wurde und daher sehr zu begrüßen ist.

    Dass der Bahntunnel von Ehrwald im Außerfern ins Tiroler Inntal völlig zurecht NICHT ins ÖBB Zielnetz 2040 aufgenommen werden konnte, ist ohnedies jedem Menschen, der die „Studie Fernpassbahn. Verkehrsuntersuchung und Potentialabschätzung“ vom Dezember 2020 – ==> https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/verkehr/verkehrsdatenerfassung/downloads/BVR_Fernpassbahn_20210521_AUS.pdf – auch tatsächlich gelesen hat, klar, einsichtig und nachvollziehbar, da (ich formuliere die ganze Sache jetzt so, wie sie aus bundesdeutscher Sicht zu formulieren ist; denn meines Wissens haben wir hier in Österreich noch keine derart klaren Formulierungen, sind im Österreichischen Verkehrsministerium aber auf einem sehr guten Weg, dass es auch bei uns in Österreich in Zukunft ähnlich klare Bewertungen geben wird) bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung der Nutzen-Kosten-Quotient für den Bahntunnel KLEINER (!) als 1,0 ist. Nach deutschem Recht folgt bekanntlich daraus, dass für den Bahntunnel keine Förderfähigkeit gegeben ist, weil die Kosten den volkswirtschaftlichen Nutzen übersteigen. Faktisch ist es so, dass im Verkehrsministerium in Wien Projektideen für das ÖBB-Zielnetz 2040 in Module geclustert wurden, wobei diese Module dann im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Analyse bewertet wurden. Was im Verkehrsministerium in Wien gemacht wurde, verhält sich also analog zu dem, was man aus bundesdeutscher Sicht bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung mit Nutzen-Kosten-Quotient bezeichnet.

    Am Faktum, dass der Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal nicht ins ÖBB Zielnetz hineinkommt, wird sich so schnell nichts ändern, weil die erwähnte Studie auch gewisse FEHLER enthält! So wird z.B. im Kapitel 5.3.2 Touristische An- und Abreise auf Seite 93 die Fahrzeit für Tourist:innen, welche mit der Bahn von Köln nach Ötztal Bahnhof über Rosenheim, Kufstein, Innsbruck in den Urlaub fahren, mit 6 Stunden und 52 Minuten angegeben, um in weiterer Folge zu zeigen, dass bei einer Fahrt von Köln durch den erst noch zu bauenden Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal und weiter nach Ötztal Bahnhof eine kürzere Reisezeit erzielt werden könnte.

    Die angegebene Fahrzeit von 6 Stunden und 52 Minuten ergibt sich für die Studienautor:innen dadurch, dass die im Jahr 2020 bestehenden schnellsten Verbindungen auf den Abschnitten Köln – München (ICE), München – Kufstein (EC), Kufstein – Innsbruck (RJX) und Innsbruck – Ötztal (RJX) zugrunde gelegt wurden.

    Was die Studienautor:innen leider übersehen haben, ist das FAKTUM, dass die Aus-/Neubaustrecke Stuttgart – Wendlingen bereits in Bau und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm seit 11. Dezember 2022 in Betrieb ist! ==> https://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/projekt/ueberblick/neubaustrecke-wendlingen-ulm/.

    Die Aus-/Neubaustrecke Ulm – Augsburg scheint im deutschen Bundesverkehrswegeplan 2030 überdies bereits als „vordringlicher Bedarf“ auf: ==> https://www.bvwp-projekte.de/schiene/2-041-v02/2-041-v02.html.

    Auf der Strecke Stuttgart – Augsburg wird sich in absehbarer Zeit also eine Fahrzeitverkürzung von 30 Minuten ergeben.

    Abgesehen davon wird die Fertigstellung des Brenner-Nordzulaufs dazu führen, dass es zwischen Grafing bei München und Wörgl Hbf. mittelfristig zu einer Fahrzeitverkürzung von ca. 10 Minuten kommen wird.

    Urlaubsgäste werden daher die Strecke Köln – Rosenheim – Innsbruck – Ötztal Bahnhof hinkünftig nicht mehr in 6 Stunden und 52 Minuten sondern in 6 Stunden und 12 Minuten zurücklegen, was zur Folge haben wird, dass sich bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung der Nutzen-Kosten-Quotient für den Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal noch weiter VERSCHLECHTERN wird! Die Wahrscheinlichkeit, dass der angesprochene Tunnel von Ehrwald ins Inntal überhaupt jemals ins ÖBB-Zielnetz aufgenommen werden kann, SINKT also noch weiter.

    Da der angesprochene Bahntunnel also noch in sehr, sehr weiter Ferne (möglicherweise sogar in unendlich weiter Ferne) liegt (der Tunnel wird im Sinne einer unendlichen Geschichte bekanntlich seit weit mehr als 100 Jahren öffentlich diskutiert), sollten möglichst bald an den BESTEHENDEN Bahnstrecken (Außerfernbahn, Mittenwaldbahn) Maßnahmen gesetzt werden, die die Fahrzeit von Reutte in Tirol nach Innsbruck Hauptbahnhof auf ca. 2 Stunden reduzieren (derzeit beträgt die Fahrzeit von Reutte nach Innsbruck bekanntlich 2 Stunden und 22 Minuten)!

    Eine Möglichkeit, die Fahrzeit zu verkürzen, bestünde etwa darin, dass die ÖBB (!) wie 1980 in Rosenheim (der entsprechende Staatsvertrag zwischen Österreich und Deutschland wurde bekanntlich im Jahr 1979 geschlossen, und 1980 wurde die Rosenheimer Schleife gebaut; Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h; Kosten ca. 56 Millionen Schilling bzw. ca. 4,0 Millionen Euro; die Schleife hat also KEINE MILLIARDEN gekostet und bewirkt im Reiseverkehr dennoch eine Fahrzeitverkürzung von 17 Minuten) in Garmisch-Partenkirchen ein Schleife bauten, um die Züge im Sinne einer Verkürzung der Reisezeit zugunsten der Fahrgäste von Reutte an Garmisch-Partenkirchen vorbei UMSTEIGEFREI nach Innsbruck führen zu können (derzeit muss bekanntlich bei ALLEN Zügen in Garmisch-Partenkirchen umgestiegen werden; in Zukunft könnten die Züge in Analogie zu Rosenheim an Garmisch-Partenkirchen ohne Halt vorbeifahren; was den Grunderwerb für die Trasse der Schleife betrifft, sollten eigentlich keine allzu großen Probleme auftreten, weil man versuchen könnte, die Schleife möglichst nahe am zwischenzeitlich aufgelösten und dem Erdboden gleichgemachten, südlich des Bahnhofs zwischen den beiden verzweigenden Strecke nach Reutte und nach Innsbruck gelegenen Bahnbetriebswerk Garmisch-Partenkirchen vorbeizuführen: ==> https://www.bahnstatistik.de/Gleisplan/Ga-Pa_1972.gif; die auf nachfolgendem in der freien Enzyklopädie Wikipedia veröffentlichten Foto aus dem Jahr 2009 im Hintergrund noch erkennbaren Gebäude [DB-Lokschuppen etc.] des ehemaliges Bahnbetriebswerk zwischen den Gleisen der Mittenwald- [links] und der Außerfernbahn [rechts] wurden schon vor einiger Zeit abgerissen: https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Garmisch-Partenkirchen#/media/Datei:20090414a_Garmisch-Partenkirchen.jpg).

    So eine Schleife wäre übrigens auch für den Güterzug, der mehrmals wöchentlich von Hall in Tirol über Innsbruck, Mittenwald, Garmisch-Partenkirchen und Reutte in Tirol ins Zementwerk Vils verkehrt, eine große Zeit- und Betriebskostenersparnis, weil dieser dann ohne Lokrichtungswechsel direkt an Garmisch-Partenkirchen vorbei ins Zementwerk fahren könnte.

    Eine weitere Möglichkeit, die Fahrzeit zu verkürzen, wird in der neuen Fahrplan- und Infrastrukturstudie Werdenfels 2026+, welche im Jahr 2022 im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft in Abstimmung mit dem Tiroler Verkehrsverbund erstellt wurde – ==> https://beg.bahnland-bayern.de/files/media/corporate-portal/medien/themen/fahrplan-und-infrastrukturstudie-werdenfels.pdf -, vorgestellt.

    In dieser Studie steht auf Seite 27 unten, dass im Abschnitt zwischen Mittenwald und Scharnitz vom Streckenkilometer 119,1 bis zum Streckenkilometer 123,3 die Anhebung der zulässigen Geschwindigkeit auf vzul = 100 km/h möglich ist, und zwar durch eine Neutrassierung mit erheblich größeren Bogenradien unter Annäherung an die parallel verlaufende Bundesstraße.

    Nachdem die Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn bereits in der Vergangenheit (nämlich im Jahr 2018, wie mir Regierungsrat Sven-Christian Schuster, Referat 53 – Schieneninfrastruktur und Eisenbahnwesen im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Oktober 2020 schriftlich bestätigt hat) mögliche Geschwindigkeitsanhebungen auf der Strecke von Garmisch-Partenkirchen in Richtung Reutte in Tirol (und zwar bis zum Grenzbahnhof Griesen in Oberbayern) untersucht und dabei verschiedenen Einzelpunkte, die entsprechend adaptiert werden müssten (z.B. Gleisbögen, Bahnübergänge oder [teils sehr kleine] Brücken), identifiziert hat, um eine Geschwindigkeitsanhebung zu ermöglichen, letztlich dann aber bis zum heutigen Tag NICHTS REALISIERT wurde, müsste man auch von österreichischer Seite im Rahmen von Verhandlungen mit der deutschen Seite aktiv werden, damit die DB InfraGO AG nicht – wie bedauerlicherweise so oft – alles wieder einmal nur im Sand verlaufen lässt!

    Das wäre bitte mein Input, da es in der eingangs angesprochenen APA-OTS-Pressemeldung wörtlich heißt, dass mit diesem Bürgerforum ein breiterer Prozess zivilgesellschaftlicher Mitsprache angestoßen werden soll!

    In diesem Sinn schöne Grüße aus Tirol

    Martin Teißl
    Sprecher des ArbeitsKreises FAHRGAST Tirol, http://www.fahrgast-tirol.at
    Länderkoordinator für Tirol bei PRO BAHN Österreich, http://www.probahn.at/
    Mitarbeiter bei FAHRGAST – PRO BAHN Allgäu/Tirol, https://www.pro-bahn.de/ausserfernbahn bzw. http://www.erlebnisbahn.at/ausserfernbahn/fahrgastvertretung.html
    Pirchanger 73
    6130 Schwaz

    • Vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme und Analyse aus Tirol. Wir werden dies im Hinblick auf die Diskussion berücksichtigen und freuen uns auf Kommentare dazu hier auf dieser Plattform.

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