Grundsätzlich möchte ich bitte festhalten, dass das ÖBB-Zielnetz 2040 – soweit es Tirol betrifft – äußerst zufriedenstellend ausgearbeitet wurde und daher sehr zu begrüßen ist.

Bahntunnel von Ehrwald im Außerfern

17km Eisenbahntunnel zwischen dem Ehrwalder Becken und dem Raum Silz skizziert auf OpenRailwayMap.org. Siehe auch ORF Tirol: Fahrgastschub durch Fernpass-Bahntunnel

Dass der Bahntunnel von Ehrwald im Außerfern ins Tiroler Inntalvöllig zurecht NICHT ins ÖBB Zielnetz 2040 aufgenommen werden konnte, ist ohnedies jedem Menschen, der die Studie Fernpassbahn. Verkehrsuntersuchung und Potentialabschätzung“ vom Dezember 2020 – ==> https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/verkehr/verkehrsdatenerfassung/downloads/BVR_Fernpassbahn_20210521_AUS.pdf – auch tatsächlich gelesen hat, klareinsichtig und nachvollziehbarda (ich formuliere die ganze Sache jetzt so, wie sie aus bundesdeutscher Sicht zu formulieren ist; denn meines Wissens haben wir hier in Österreich noch keine derart klaren Formulierungen, sind im Österreichischen Verkehrsministerium aber auf einem sehr guten Weg, dass es auch bei uns in Österreich in Zukunft ähnlich klare Bewertungen geben wird) bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung der Nutzen-Kosten-Quotient für den Bahntunnel KLEINER (!) als 1,0 ist. Nach deutschem Recht folgt bekanntlich daraus, dass für den Bahntunnel keine Förderfähigkeit gegeben ist, weil die Kosten den volkswirtschaftlichen Nutzen übersteigen. Faktisch ist es so, dass im Verkehrsministerium in Wien Projektideen für das ÖBB-Zielnetz 2040 in Module geclustert wurden, wobei diese Module dann im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Analyse bewertet wurden. Was im Verkehrsministerium in Wien gemacht wurde, verhält sich also analog zu dem, was man aus bundesdeutscher Sicht bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung mit Nutzen-Kosten-Quotient bezeichnet.

Am Faktum, dass der Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal nicht ins ÖBB Zielnetz hineinkommt, wird sich so schnell nichts ändern, weil die erwähnte Studie auch gewisse FEHLER enthält! So wird z.B. im Kapitel 5.3.2 Touristische An- und Abreise auf Seite 93 die Fahrzeit für Tourist:innen, welche mit der Bahn von Köln nach Ötztal Bahnhof über Rosenheim, Kufstein, Innsbruck in den Urlaub fahren, mit 6 Stunden und 52 Minuten angegeben, um in weiterer Folge zu zeigen, dass bei einer Fahrt von Köln durch den erst noch zu bauenden Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal und weiter nach Ötztal Bahnhof eine kürzere Reisezeit erzielt werden könnte.

Neue Fahrzeiten in Deutschland und ihre Wirkung in Tirol

Die angegebene Fahrzeit von 6 Stunden und 52 Minuten ergibt sich für die Studienautor:innen dadurch, dass die im Jahr 2020 bestehenden schnellsten Verbindungen auf den Abschnitten Köln – München (ICE), München – Kufstein (EC), Kufstein – Innsbruck (RJX) und Innsbruck – Ötztal (RJX) zugrunde gelegt wurden.

Was die Studienautor:innen leider übersehen haben, ist das FAKTUM, dass die Aus-/Neubaustrecke Stuttgart – Wendlingen bereits in Bau und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm seit 11. Dezember 2022 in Betrieb ist! ==> https://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/projekt/ueberblick/neubaustrecke-wendlingen-ulm/.

Die Aus-/Neubaustrecke Ulm – Augsburg scheint im deutschen Bundesverkehrswegeplan 2030 überdies bereits als „vordringlicher Bedarf“ auf: ==> https://www.bvwp-projekte.de/schiene/2-041-v02/2-041-v02.html.

Auf der Strecke Stuttgart – Augsburg wird sich in absehbarer Zeit also eine Fahrzeitverkürzung von 30 Minuten ergeben.

Abgesehen davon wird die Fertigstellung des Brenner-Nordzulaufs dazu führen, dass es zwischen Grafing bei München und Wörgl Hbf. mittelfristig zu einer Fahrzeitverkürzung von ca. 10 Minuten kommen wird.

Urlaubsgäste werden daher die Strecke Köln – Rosenheim – Innsbruck – Ötztal Bahnhof hinkünftig nicht mehr in 6 Stunden und 52 Minuten sondern in 6 Stunden und 12 Minuten zurücklegen, was zur Folge haben wird, dass sich bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtung der Nutzen-Kosten-Quotient für den Bahntunnel von Ehrwald ins Inntal noch weiter VERSCHLECHTERN wird! Die Wahrscheinlichkeit, dass der angesprochene Tunnel von Ehrwald ins Inntal überhaupt jemals ins ÖBB-Zielnetz aufgenommen werden kann, SINKT also noch weiter.

Da der angesprochene Bahntunnel also noch in sehr, sehr weiter Ferne (möglicherweise sogar in unendlich weiter Ferne) liegt (der Tunnel wird im Sinne einer unendlichen Geschichte bekanntlich seit weit mehr als 100 Jahren öffentlich diskutiert), sollten möglichst bald an den BESTEHENDEN Bahnstrecken (AußerfernbahnMittenwaldbahn) Maßnahmen gesetzt werden, die die Fahrzeit von Reutte in Tirol nach Innsbruck Hauptbahnhof auf ca. 2 Stundenreduzieren (derzeit beträgt die Fahrzeit von Reutte nach Innsbruck bekanntlich 2 Stunden und 22 Minuten)!

Möglichkeit Garmisch-Partenkirchen Schleife

Eine Möglichkeit, die Fahrzeit zu verkürzen, bestünde etwa darin, dass die ÖBB (!) wie 1980 in Rosenheim (der entsprechende Staatsvertrag zwischen Österreich und Deutschland wurde bekanntlich im Jahr 1979 geschlossen, und 1980 wurde die Rosenheimer Schleife gebaut; Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h; Kosten ca. 56 Millionen Schilling bzw. ca. 4,0 Millionen Euro; die Schleife hat also KEINE MILLIARDEN gekostet und bewirkt im Reiseverkehr dennoch eine Fahrzeitverkürzung von 17 Minutenin Garmisch-Partenkirchen ein Schleife bauten, um die Züge im Sinne einer Verkürzung der Reisezeit zugunsten der Fahrgäste von Reutte an Garmisch-Partenkirchen vorbei UMSTEIGEFREI nach Innsbruck führen zu können (derzeit muss bekanntlich bei ALLEN Zügen in Garmisch-Partenkirchen umgestiegen werden; in Zukunft könnten die Züge in Analogie zu Rosenheim an Garmisch-Partenkirchen ohne Halt vorbeifahren; was den Grunderwerb für die Trasse der Schleife betrifft, sollten eigentlich keine allzu großen Probleme auftreten, weil man versuchen könnte, die Schleife möglichst nahe am zwischenzeitlich aufgelösten und dem Erdboden gleichgemachten, südlich des Bahnhofs zwischen den beiden verzweigenden Strecke nach Reutte und nach Innsbruck gelegenen Bahnbetriebswerk Garmisch-Partenkirchen vorbeizuführen: ==> https://www.bahnstatistik.de/Gleisplan/Ga-Pa_1972.gif; die auf nachfolgendem in der freien Enzyklopädie Wikipedia veröffentlichten Foto aus dem Jahr 2009 im Hintergrund noch erkennbaren Gebäude [DB-Lokschuppen etc.] des ehemaliges Bahnbetriebswerk zwischen den Gleisen der Mittenwald- [links] und der Außerfernbahn [rechts] wurden schon vor einiger Zeit abgerissen: https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Garmisch-Partenkirchen#/media/Datei:20090414a_Garmisch-Partenkirchen.jpg).

Garmisch-Partenkirchen Bahnhof, Bild Gamgee

So eine Schleife wäre übrigens auch für den Güterzug, der mehrmals wöchentlich von Hall in Tirol über Innsbruck, Mittenwald, Garmisch-Partenkirchen und Reutte in Tirol ins Zementwerk Vils verkehrt, eine große Zeit- und Betriebskostenersparnis, weil dieser dann ohne Lokrichtungswechsel direkt an Garmisch-Partenkirchen vorbei ins Zementwerk fahren könnte.

Eine weitere Möglichkeit, die Fahrzeit zu verkürzen, wird in der neuen Fahrplan- und Infrastrukturstudie Werdenfels 2026+, welche im Jahr 2022 im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft in Abstimmung mit dem Tiroler Verkehrsverbund erstellt wurde – ==> https://beg.bahnland-bayern.de/files/media/corporate-portal/medien/themen/fahrplan-und-infrastrukturstudie-werdenfels.pdf -, vorgestellt.

In dieser Studie steht auf Seite 27 unten, dass im Abschnitt zwischen Mittenwald und Scharnitz vom Streckenkilometer 119,1 bis zum Streckenkilometer 123,3 die Anhebung der zulässigen Geschwindigkeit auf vzul = 100 km/h möglich ist, und zwar durch eine Neutrassierung mit erheblich größeren Bogenradien unter Annäherung an die parallel verlaufende Bundesstraße.

Nachdem die Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn bereits in der Vergangenheit (nämlich im Jahr 2018, wie mir Regierungsrat Sven-Christian Schuster, Referat 53 – Schieneninfrastruktur und Eisenbahnwesen im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Oktober 2020 schriftlich bestätigt hat) mögliche Geschwindigkeitsanhebungen auf der Strecke von Garmisch-Partenkirchen in Richtung Reutte in Tirol (und zwar bis zum Grenzbahnhof Griesen in Oberbayern) untersucht und dabei verschiedenen Einzelpunkte, die entsprechend adaptiert werden müssten (z.B. Gleisbögen, Bahnübergänge oder [teils sehr kleine] Brücken), identifiziert hat, um eine Geschwindigkeitsanhebung zu ermöglichen, letztlich dann aber bis zum heutigen Tag NICHTS REALISIERT wurde, müsste man auch von österreichischer Seite im Rahmen von Verhandlungen mit der deutschen Seite aktiv werden, damit die DB InfraGO AG nicht – wie bedauerlicherweise so oft – alles wieder einmal nur im Sand verlaufen lässt!

In diesem Sinn schöne Grüße aus Tirol

Martin Teißl

Sprecher des ArbeitsKreises FAHRGAST Tirol, http://www.fahrgast-tirol.at
Länderkoordinator für Tirol bei PRO BAHN Österreich, http://www.probahn.at/
Mitarbeiter bei FAHRGAST – PRO BAHN Allgäu/Tirol, https://www.pro-bahn.de/ausserfernbahn bzw. http://www.erlebnisbahn.at/ausserfernbahn/fahrgastvertretung.html

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One response

  1. Aufgrund diverse Rückfragen noch eine PRÄZISIERUNG meinerseits:

    Ich denke in meinem Beitrag oben nicht an eine Beschleunigung aller, die angesprochene Relation (Vils – Reutte – Innsbruck und retour) abdeckenden Bahnverbindungen, sondern zunächst einmal nur an DREI, derzeit noch nicht verkehrende, also NEU EINZURICHTENDE ZUGPAARE, welche in der Früh, mittags und abends das Tiroler Außerfern schneller als derzeit IM SINNE EINER STAUFREIEN ALTERNATIVE zur stauanfälligen Fernpassstraße in beide Richtungen mit der Landeshauptstadt Innsbruck verbinden könnten.

    Ich denke deshalb vorerst nur an drei neu einzurichtende, beschleunigte Zugpaare, da der bisher existierende TAKTFAHRPLAN vom Außerfern in die Richtungen Innsbruck und München (großteils mit Umsteigen in Garmisch-Partenkirchen) und vice versa auch in Zukunft erhalten bleiben soll und nicht zerstört werden darf!

    Ein wesentlicher Zweck der Schleife liegt darin, den Schienengüterverkehr attraktiver zu machen, nicht nur um das eine derzeit noch verkehrende Güterzugpaar dauerhaft zu retten (von Seiten der Rail Cargo Austria AG wurde ohnedies schon vor einigen Jahren prophylaktisch in Aussicht gestellt, dass dieser Güterzug „ein derzeit noch nicht näher bekanntes Ablaufdatum“ hat, weil – ich zitiere wörtlich – „ … sich auslastungsschwache Strecken wie die Außerfernbahn trotz aller Bemühungen nicht langfristig ökonomisch aufrechterhalten lassen … Güterzüge der Rail Cargo Austria AG werden ab Januar 2020 nur mehr an drei Tagen pro Woche planmäßig … verkehren … Wir bedauern, dass wir Ihnen den gewohnten Service nicht weiter anbieten können, …“; zu dieser Thematik gibt es ohnedies eine PRESSEMELDUNG von unserer Seite AUS DEM JAHR 2020: ==> ÖBB: Verkehrspolitisches Fiasko … , https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200602_OTS0072/oebb-verkehrspolitisches-fiasko-corona-hotspots-und-andere-schildbuergerstreiche), sondern auch um wieder mehr Güter und damit auch Güterzüge auf die Schiene zu bringen.

    In der Vergangenheit hat es ja auch Zeiten gegeben, zu denen z.B. zusätzlich zum Güterzugpaar 45140/45147 (das damals noch von Montag bis Freitag unterwegs war) montags, mittwochs und freitags noch ein zusätzlicher Güterzug am Nachmittag von Reutte nach Hall in Tirol verkehrte: G 45145! Die Lokomotiven für G 45145 wurden als Lokzug von Innsbruck überstellt (außer am Mittwoch, da die Lokomotiven an diesem Tag mit G 45142 ins Außerfern fuhren). ==> http://i34.photobucket.com/albums/d120/rail66/Ausserfern/410_02_1103.jpg (links hinten 45145, rechts vorne 45147 im Jahr 2007 in Reutte)

    Es ist noch gar nicht so lange her, dass mit der Außerfernbahn weitaus mehr Güter befördert wurden: Holz nach Italien (im Auftrag der Firma Quehenberger, Abtenau, Salzburg), Holz nach Wörgl (im Auftrag der Pfeifer Holding GmbH, Imst), Mülltransporte nach Innsbruck (im Auftrag der Firma Anton Specht, Reutte), Altpapiertransporte nach Nettingsdorf (im Auftrag der Peter Lechner GmbH, Reutte), Alteisentransporte (im Auftrag der Peter Lechner GmbH, Reutte und der Ragg GmbH, Reutte), Heizöltransporte aus Wien und Karlsruhe (im Auftrag der Otto & Rudolf Schretter GmbH, Reutte), Tellwolletransporte aus Stockerau (im Auftrag der Otto & Rudolf Schretter GmbH, Reutte), Schnittholz aus Hermagor und Weißkirchen (im Auftrag der Holz Fritz KG, Reutte) … was zwischenzeitlich alles auf der Straße fährt!

    Martin Teißl

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